Interview mit Klaudia Bergmann
Guten Tag Frau Bergmann...
Die Elisabeth-Knipping-Schule ist untrennbar mit der Stadt Kassel verbunden, unzählige junge Menschen aus der Region haben hier den Grundstein für ihre berufliche Karriere gelegt. Nun hat die Schule nach vielen Jahren wieder eine neue Schulleiterin, die sich den Fragen von Andrea Fauth stellt.
Frau Bergmann, Sie sind seit Anfang August die neue Schulleiterin der Elisabeth-Knipping-Schule (EKS) in Kassel. Mit welchem Gefühl haben Sie heute Morgen Ihr Büro betreten?
Mit Freude, Aufregung und Zuversicht. Ich freue mich sehr darüber, dass ich mit der Leitung der EKS und den damit verbundenen Aufgaben betraut wurde. Im Moment ist auch alles noch etwas aufregend, da ich immer noch jeden Tag neue Kolleginnen, Kollegen, Schülerinnen und Schüler kennenlerne. Und Zuversicht verspüre ich, weil ich gewiss sein kann, dass ich eine tolle „Mannschaft“ an der Seite habe.
Mit 37 Jahren eine der größten Schulen in Nordhessen zu leiten, ist eine bemerkenswerte Leistung. War die Leitung einer Schule von Anfang an Ihr Ziel?
Nein, dass ich einmal Schulleiterin werde, damit war nicht zu rechnen. Zunächst habe ich ja auch einen ganz anderen beruflichen Weg eingeschlagen. Während der Schulzeit habe ich meine Leidenschaft für Naturwissenschaften und Technik entdeckt und dann an der TU Bergakademie Freiberg Werkstofftechnik studiert. Nach zwei Jahren in der Stahlindustrie bin ich nach Kassel gekommen, um an der Uni als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu arbeiten. Durch Vorlesungen und die Betreuung von Studien- und Diplomarbeiten habe ich immer mehr Kontakt zum Lehren und Lernen bekommen, was mich so faszinierte, dass ich mich für den Quereinstieg als Berufsschullehrerin entschied. Bevor ich die Leitung der EKS übernahm, war ich am Staatlichen Schulamt und an der Max-Eyth-Schule tätig. Diese vielfältigen Erfahrungen kommen mir jetzt zugute.
Was hat Sie an der Leitung der Knipping-Schule gereizt?
Zum einen die Möglichkeit zu gestalten und das Stadtviertel mit prägen zu können, in dem ich auch wohne. Ich möchte die EKS in die Stadt(teil)gesellschaft öffnen für kulturellen und berufliche Austausch Und zum anderen begeistert mich die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler ebenso wie das breite Bildungsangebot. Mir gefällt es, dazu beitragen zu können, jungen Menschen einen angemessenen Raum zum Lernen zu geben und sie auf ihren Weg in den Beruf unterstützen und begleiten zu können.
Wie war Ihr erster Eindruck von der EKS?
Die Größe der Schule und die Vielzahl von Menschen, die hier täglich ein- und ausgehen, sind ziemlich beeindruckend. Gleichzeitig ist die EKS auch unglaublich bunt und vielfältig. Hier begegnen sich Menschen aus vielen Nationen. Unsere Lehrkräfte unterrichten in sechs verschiedenen Schulformen, d.h.vom Hauptschulabschluss bis zum allgemeinbildenden Abitur können an der EKS Abschlüsse erworben werden, und zwar in fünf unterschiedlichen Berufsfeldern, nämlich Körperpflege, Textiltechnik, Sozialwesen, Naturwissenschaften und Ernährung. Das ist ein riesiges Angebot. Mir ist der wertschätzende Umgang miteinander aufgefallen und ich glaube, dass jeder Neuankömmling sich hier willkommen und gut aufgehoben fühlt, nicht nur ich als neue Schulleiterin.
Klaudia Bergmann mit ihren Vorgängern Günter Wagner. Wolfgang Caspar und Heinrich Keim (von links)
Elisabeth Knipping leitete die „Schule für konfirmierte Mädchen“, wie sie damals hieß, mit dem Ziel, die Frauenbildung und Frauenrechte zu stärken. Nun liegt die Leitung der EKS wieder in Frauenhand. Leiten Frauen anders als Männer?
Sicherlich. Jede oder jeder würde diesen Job auf ihre bzw. seine individuelle Art und Weise machen. Das sehe ich weniger als Geschlechterfrage, sondern vielmehr als eine Frage des Charakters. Ich hoffe, dass Themen wie „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, „Geschlechtergerechtigkeit“ und „Frauen in Führungspositionen“ heute sowohl bei männlichen als auch weiblichen Führungskräften selbstverständlich sind.
Die Lage der Schule in der Nordstadt ist nicht unproblematisch, Kriminalität und Integrationsprobleme sind keine Seltenheit.Wie wirkt sich das auf den Unterrichtsalltag aus?
Ich selbst lebe seit über 12 Jahren in der Kasseler Nordstadt. Daher weiß ich neben bestehender Probleme auch, welche Möglichkeiten das Viertel bietet. Die neue Elisabeth-Knipping-Schule wurde 1982 hinter dem Schlachthof als 3. Berufsschulzentrum aufgebaut. Mit dem Science Park, dem Uni-Campus, dem Kulturzentrum Schlachthof u. a. sind wir Teil eines wachsenden Wissens-Bildungs-Kultur-Hotspots. Das steht leider im Gegensatz zum Zustand des Schulgebäudes und Teilen der Ausstattung. Durch die intensive Nutzung in den letzten 35 Jahren besteht großer Sanierungsbedarf und wir sind auf die dringende Unterstützung der Stadt angewiesen. Auch im Bereich der Sicherheit müssen alle Beteiligten weiter im Dialog bleiben.
Als Schulleiterin der EKS übernehmen Sie die Verantwortung für ca. 2500 Schülerinnen und Schüler und mehr als 180 Lehrkräfte. Sie entscheiden über Budget- und Personalfragen. Wie viel Managerin steckt in Ihnen?
Ich denke eine ganze Menge. Grundsätzlich organisiere, koordiniere und verwalte ich gerne. Und sicherlich helfen mir auch meine Erfahrungen, die ich in Industrie und Wissenschaft sammeln konnte. Doch eine solch komplexe Herausforderung kann man nur mit einem guten Team meistern. Da hilft es mir ungemein, dass ich eine sehr gut strukturierte Schule übernommen habe und viel Unterstützung erfahre.
Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Ich betrachte die Schule als Ganzes – die Weiterentwicklung der Elisabeth-Knipping-Schule ist mein Herzensprojekt.
Was hätten Sie selbst gerne in der Schule gelernt?
Ich würde gerne mehr bzw. besser Sprachen können. Ich reise gerne und da wäre es manchmal wirklich schön, wenn ich Spanisch oder etwas besser Französisch gelernt hätte.
Vielen Dank für das Gespräch!